Lebenswelt neu gedacht: Ansätze und Konzepte zur Rekonstruktion antiker Lebenswelten von augusteischer Zeit bis in die Spätantike

[CFP] Lebenswelt neu gedacht: Ansätze und Konzepte zur Rekonstruktion antiker Lebenswelten von augusteischer Zeit bis in die Spätantike

Veranstalter
JProf. Dr. Veronika Egetenmeyr (Alte Geschichte/Koblenz) und PD Dr. Susanne Froehlich (Alte Geschichte/Greifswald) (Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald)
Ausrichter
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald
PLZ
17489
Ort
Greifswald
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
13.03.2024 - 15.03.2024
Deadline
05.09.2023
Von
Susanne Froehlich, Alte Geschichte, Historisches Institut, Universität Greifswald

Lebenswelt neu gedacht: Ansätze und Konzepte zur Rekonstruktion antiker Lebenswelten von augusteischer Zeit bis in die Spätantike

Ziel der internationalen Tagung ist es, den Begriff der Lebenswelt (neu) zu definieren und für die altertumswissenschaftliche Forschung operationalisierbar zu machen.

Lebenswelt/Lifeworld reconsidered: Approaches and Concepts to the Reconstruction of Ancient Lifeworlds from Augustus to Late Antiquity

The aim of our international conference is to provide a clearer cultural scientific definition of the concept of "Lebenswelt" in order to make it operational for research in Ancient Studies.

[CFP] Lebenswelt neu gedacht: Ansätze und Konzepte zur Rekonstruktion antiker Lebenswelten von augusteischer Zeit bis in die Spätantike

Das insbesondere von Edmund Husserl entwickelte und von Phänomenologen wie Alfred Schütz oder Jürgen Habermas weiterentwickelte Konzept der Lebenswelt wird in den Sozialwissenschaften bis heute intensiv diskutiert und angewendet (bspw. Zelić 2008; Dahlberg/Dahlberg 2020; Dreher 2021). Während Rudolph Vierhaus 1995 in seinem Aufsatz „Die Rekonstruktion historischer Lebenswelten“ erstmals den Versuch unternahm, den Begriff für die Geschichtswissenschaften zu definieren und 2008 eine von Falk Bretschneider, Christophe Duhamelle, Patrice Veit und Michael Werner1 organisierte Tagung einer ähnlichen Frage nachging, blieben solche Versuche in der altertumswissenschaftlichen Forschung aus (vgl. dazu Froehlich 2023). Dennoch ist „Lebenswelt“ ein Begriff, der uns in der altertumswissenschaftlichen Literatur häufig begegnet und fast schon inflationär benutzt wird. Dabei nimmt der Begriff der Lebenswelt eine Vielzahl unterschiedlicher Semantiken und Funktionen ein. So wird Lebenswelt einerseits synonym mit Alltagswelt, Traditio n oder Handlungsmuster verwendet (z.B. Piepenbrink 2003; Egetenmeyr 2022) oder andererseits gar nicht definiert (z.B. Lafer/Strobel 2015).

Ziel unserer internationalen Tagung vom 13. bis 15. März 2024 am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg in Greifswald ist es, den Begriff der Lebenswelt zu definieren und für die altertumswissenschaftliche Forschung operationalisierbar zu machen. Dem Beispiel von Habermas folgend, der einen soziologisch gehaltvollen Lebensweltbegriff anstrebte und in seiner Theorie des kommunikativen Handelns (Habermas 1981) herausarbeitete, möchten wir uns einem kulturhistorisch gehaltvollen Lebensweltbegriff annähern. Um eine intensive Diskussion zu ermöglichen, wir der zeitliche Rahmen der Tagung von der augusteischen Zeit bis in die Spätantike reichen.

Fragen, die im Zentrum der Tagung stehen werden, sind folgende:
- Was verstehen wir unter dem Begriff der Lebenswelt?
- Wie können wir das Lebensweltkonzept für die Altertumswissenschaften anwendbar machen?
- Mit welchen besonderen Herausforderungen ist die Rekonstruktion antiker Lebenswelten im Vergleich zu anderen Epochen konfrontiert? Welche Lösungsansätze sind möglich?
- Welche antiken Lebenswelten können wir konkret fassen? Welche Quellenbestände erlauben überhaupt einen Zugriff auf Lebenswelten antiker Menschen?
- Welche Darstellungsmodi eignen sich besonders zur Darstellung von und zum Austausch über antike Lebenswelten?
- Wie können wir Lebenswelten marginalisierter Gruppen in der Antike (bspw. Frauen, Sklaven, Kinder) erforschen und darstellen?
- Welche Potentiale bietet das Lebensweltkonzept für Wissenschaftskommunikation und -transfer?

Vorschläge für Vorträge zur theoretischen Fragestellung der Tagung, Vorträge zu einer möglichen Methodik und Vorträge zu konkreten lebensweltlichen Beispielen sind mit einem kurzen Abstract (250 Wörter max.) bis zum 5. September willkommen. Die Ergebnisse sollen im Anschluss in einem Sammelband publiziert werden.

PD Dr. Susanne Froehlich und JProf. Dr. Veronika Egetenmeyr

Genannte Literatur
Dahlberg, Helena / Dahlberg, Karin, Open and Reflective Lifeworld Research: A third way, in: Qualitative Inquiry 26.5 (2020), 458–464.
Dreher, Jochen (Hrsg.), Mathesis universalis – Die Aktuelle Relevanz der „Strukturen der Lebenswelt“, Wiesbaden 2021.
Egetenmeyr, Veronika, Die Konstruktion der ,Anderen‘: Barbarenbilder in den Briefen des Sidonius Apollinaris, Philippika - Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Bd. 165, Wiesbaden 2022.
Froehlich, Susanne, Geschichte schreiben als "dichte Beschreibung": Der jüngere Plinius und seine Sklaven, in: Klio 105.2 (2023), in Druckvorbereitung.
Habermas, Jürgen, Theorie des kommunikativen Handelns, 2 Bde., Frankfurt 1981.
Husserl, Edmund, Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie. Mit einer Einleitung und Registern herausgegeben von Elisabeth Ströker, Hamburg 2012.
Lafer, Renate/Strobel, Karl (Hrsg.), Antike Lebenswelten. Althistorische und Papyrologische Studien, Berlin/Boston 2015.
Piepenbrink, Karin (Hrsg.), Philosophie und Lebenswelt in der Antike, Darmstadt 2023.
Schütz, Alfred / Luckmann, Thomas, Strukturen der Lebenswelt, Frankfurt 1979.
Vierhaus, Rudolph, Die Rekonstruktion historischer Lebenswelten. Probleme moderner Kulturgeschichtsschreibung, Göttingen 1994.
Zelić, Tomislav, On the Phenomenology of the Life-World, in: Synthesis Philosophica 23.2 (2008), 413–426.

[CFP] Lebenswelt/Lifeworld reconsidered: Approaches and Concepts to the Reconstruction of Ancient Lifeworlds from Augustus to Late Antiquity

The concept of Lebenswelt ("Lifeworld"), developed in particular by Edmund Husserl and further researched by phenomenologists such as Alfred Schütz or Jürgen Habermas, is still intensively discussed and applied in the social sciences today (e.g. Zelić 2008; Dahlberg/Dahlberg 2020; Dreher 2021). While Rudolph Vierhaus first attempted to define the term for the historical sciences in his 1995 essay "Die Rekonstruktion historischer Lebenswelten", the concept was later requestioned in a conference organised by Falk Bretschneider, Christophe Duhamelle, Patrice Veit and Michael Werner in 2008.1 In classical studies, such attempts have been lacking until today (cf. Froehlich 2023). Nevertheless, "Lebenswelt" is a term that we encounter frequently in the literature of ancient studies and is almost used in an inflationary manner. In this context, the term "Lebenswelt" takes on various semantics and functions. On the one hand, it is used as a synonym for the daily life, traditions or patterns of action (e.g. Piepenbrink 2003; Egetenmeyr 2022); on the other hand, it is consumed as a non-defined abstract notion (e.g. Lafer/Strobel 2015).

The aim of our international conference taking place from the 13th to the 15th of March 2024 at the Alfried Krupp Wissenschaftskolleg in Greifswald is to provide a clearer cultural scientific definition of the concept of "Lebenswelt" in order to make it operational for research in Ancient Studies. Following the example of Habermas, who strived for a sociologically substantial concept of "Lebenswelt" and elaborated it in his theory of "Communicative Action" (Habermas 1981), we would like to follow a similar path by applying a culturally and historically substantial concept of lifeworld. In order to encourage discussion, we decided to focus on a time frame from the time of Augustus to late antiquity.

The following questions will be at the centre of the conference:
- What do we mean by the concept of "Lebenswelt"/”Lifeworld”?
- How can we make the concept applicable to classical studies?
- What are the particular challenges of reconstructing ancient lifeworlds compared to other epochs? What approaches are possible?
- Which ancient lifeworlds can we grasp concretely? Which source materials allow us to access ancient people's lifeworlds?
- Which forms of representation are particularly suitable for representing and exchanging about ancient lifeworlds?
- How can we explore and represent the lifeworlds of marginalised groups in antiquity (e.g. women, slaves, children)?
- What possibilities does the "Lebenswelt"-concept offer for scholarly communication and for a transfer of academic results to a broader public?

Proposals for papers on the theoretical question of the conference, papers on a possible methodology and papers on concrete examples of lifeworlds are welcome in form of a short abstract (250 words max.) until the 5th of September. The results will be published in an edited volume.

PD Dr. Susanne Froehlich and JProf. Dr. Veronika Egetenmeyr

Studies cited in the CfP:
Dahlberg, Helena / Dahlberg, Karin, Open and Reflective Lifeworld Research: A third way, in: Qualitative Inquiry 26.5 (2020), 458–464.
Dreher, Jochen (Eds.), Mathesis universalis – Die Aktuelle Relevanz der „Strukturen der Lebenswelt“, Wiesbaden 2021.
Egetenmeyr, Veronika, Die Konstruktion der ,Anderen‘: Barbarenbilder in den Briefen des Sidonius Apollinaris, Philippika - Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Bd. 165, Wiesbaden 2022.
Froehlich, Susanne, Geschichte schreiben als "dichte Beschreibung": Der jüngere Plinius und seine Sklaven, in: Klio 105.2 (2023), in Druckvorbereitung.
Habermas, Jürgen, Theorie des kommunikativen Handelns, 2 Vol., Frankfurt 1981.
Husserl, Edmund, Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie. Mit einer Einleitung und Registern herausgegeben von Elisabeth Ströker, Hamburg 2012.
Lafer, Renate/Strobel, Karl (Eds.), Antike Lebenswelten. Althistorische und Papyrologische Studien, Berlin/Boston 2015.
Piepenbrink, Karin (Ed.), Philosophie und Lebenswelt in der Antike, Darmstadt 2023.
Schütz, Alfred / Luckmann, Thomas, Strukturen der Lebenswelt, Frankfurt 1979.
Vierhaus, Rudolph, Die Rekonstruktion historischer Lebenswelten. Probleme moderner Kulturgeschichtsschreibung, Göttingen 1994.
Zelić, Tomislav, On the Phenomenology of the Life-World, in: Synthesis Philosophica 23.2 (2008), 413–426.

Kontakt

egetenmeyr@uni-koblenz.de und susanne.froehlich@uni-greifswald.de